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BSG: Auch unbefristet ausgestellter Schwerbehindertenausweis kann entzogen werden

10.11.2015

Hat das Versorgungsamt fehlerhaft die Schwerbehinderteneigenschaft jahrzehntelang ungeprüft und sogar unbefristet festgestellt, kann dem längst Geheilten der Schwerbehindertenausweis für die Zukunft entzogen werden. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 11. August 2015 entschieden (Aktenzeichen: B 9 SB 2/15 R).

 

Geklagt hatte ein Mann, der 1992 an Krebs erkrankte. Wegen seiner Erkrankung und der Möglichkeit eines Rückfalls stellte das Versorgungsamt beim Kläger ab Juli 1992 befristet für fünf Jahre einen Grad der Behinderung von 50 und damit den Schwrebehindertenstatus fest. Mit dem erteilten Schwerbehindertenausweis standen dem Kläger ein besonderer Kündigungsschutz und Steuervorteile zu. Nach Ablauf der fünf Jahre verlängerte das Versorgungsamt ohne weitere Prüfung den Schwerbehindertenstatus bis 2002 und dann noch einmal bis 2007. Schließlich stellte die Behörde einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis aus. Eine Nachprüfung sah sie als nicht erforderlich an. 2012 holte das Versorgungsamt dann doch die versäumte Überprüfung der Schwerbehinderteneigenschaft nach und stellte fest, der Kläger nicht mehr die Voraussetzungen für die Feststellung einer Schwerbehinderung erfüllte. Sie entzog den Schwerbehindertenausweis für die Zukunft.

Der Kläger machte geltend, er habe mit der jahrzehntelangen und zuletzt unbefristeten Schwerbehindertenausweiserteilung darauf vertrauen dürfen, dass nun alles so bleibe. Das Versorgungsamt habe fehlerhaft die Überprüfung unterlassen.

Diese Auffassung teilte das BSG nicht. Der Kläger sei bereits seit 1997 von seiner Krebserkrankung geheilt gewesen. Er hätte schon damals nicht mehr als Schwerbehinderter gelten dürfen. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Selbst nach einer jahrzehntelangen Untätigkeit des Versorgungsamtes werde die Einziehung des Schwerbehindertenausweises für die Zukunft nicht rechtswidrig. Das Versorgungsamt habe sein Recht, den Ausweis wieder einzuziehen, auch nicht verwirkt. Dies sei nur möglich, wenn die Behörde dem Kläger ausdrücklich zu verstehen gegeben hätte, dass sie trotz der gesundheitlichen Besserung auf ihr Aufhebungsrecht verzichten will. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Die unbefristete Ausstellung des Schwerbehindertenausweises begründe für sich genommen auch keine Rechte. Es werde damit lediglich die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dokumentiert. Sie aufzuheben habe das Versorgungsamt lediglich aus Versehen unterlassen.